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Die Hanf-Pfanzenfasern: vom nachhaltigen Dämmstoff bis High-Tech-Material

© Thinkstock

Hanf, ein Alleskönner

Vielseitiger Alleskönner Hanf, alte Pflanze neu entdeckt

Hanf ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheitsgeschichte, die ihren Siegeszug bereits vor Jahrtausenden aus Zentralasien nach Europa nahm. In China wurden Funde von Hanfseilen auf 2.800 v. Chr. datiert. Nicht nur Seile entstanden aus Hanf, auch Papier, Kleidung, Segel oder Säcke. Hanf und seine interessant-bewegte Geschichte und seine Wiederentdeckung.

Hanf ist in vielerlei Hinsicht nachhaltig. Dies beginnt bereits beim Anbau der genügsamen Pflanze, die eine der ältesten Nutzpflanzen in Europa ist und in Deutschland Erträge von bis zu acht Tonnen pro Hektar erzielt. Sie ist umweltfreundlich, da die kräftige Pflanze kaum von Krankheiten befallen wird, dadurch nicht mit Pestiziden behandelt werden muss und ist heute bei so manchem Bauer beliebt als Zwischenfrucht, die noch dazu den Boden verbessert. Dies geschieht vor allem durch die Wurzeltiefe des Hanfs, die bis zu 140 Zentimeter betragen kann und somit feste Böden lockert und diese durch seine Schattierung unkrautfrei hält. „Wieder beliebt“ sollte es strenggenommen heißen, denn der Hanfanbau war in Deutschland lange Jahre verboten. So gab es in Deutschland zwischen 1982 bis 1996 ein striktes Hanfanbauverbot. Der Grund: Die Gleichsetzung des Nutzhanfs, Cannabis sativa, mit dem THC-haltigen (Tetrahydrocanabinol), berauschenden Verwandten, dem indischen Hanf Cannabis indica.

Der funktionale Hanf

Lange vor der Baumwolle war die Hanffaser einer der wichtigsten Rohstoffe in der Kleidungsherstellung. Erst als eine der heute wichtigsten Rohstoffe in der Bekleidungsindustrie, die Baumwollfaser, im 19. Jahrhundert nach Europa kam, nahm die Bedeutung des Hanfes als Rohstoff für Bekleidung ab. Zum Großteil kam die Baumwolle übrigens per Schiff nach Europa. Auch für diese wurde Hanf in großen Mengen benötigt. So waren Seile und Taue genauso aus Hanf hergestellt wie die stabilen Segel. Und vor dem Siegeszug von Holz in der Papierindustrie wurden Schriften auf Papier aus schnellwachsendem Hanf gedruckt wie beispielsweise Gutenberg-Bibel und Rembrandt und van Gogh schufen ihre Werke auf Hanfleinen.

Die Hanf-Pfanzenfasern: vom nachhaltigen Dämmstoff bis High-Tech-Material

Hanf ist für die nachhaltige Dämmung von Dächern und Fassade schon längst wiederentdeckt. Der Vorteil, neben der Natürlichkeit: Eine Hanfdämmung hält auch die Sommerhitze ab!  © Thermo Hanf

Henry Fords erstes, am Fließband gefertigtes Auto, das T-Modell fuhr nachhaltig mit Hanföl und in den 40er Jahren entwickelte er ein Auto, dessen Karosserie Teil aus Hanffasern bestand, die mit Harz eine hohe Stabilität erreichte. Das Auto könne sich sogar überschlagen und es würde Heil bleiben, versprach der Tüftler damals der Öffentlichkeit. Denn die Hanfkarosserie soll sogar stabiler als Stahlblech gewesen sein. Noch dazu war sie mit 900 Kilogramm erheblich leichter, als seine stählernen Verwandten, die damals etwa ein Drittel mehr wogen. Die Forschungen an dieser revolutionären Karosserie wurden allerdings nach wenigen Jahren eingestellt, da der „Marihuana Tax Act“ von 1937 den Anbau von Hanf derart hoch besteuerte, dass es nicht mehr rentabel war, Hanf anzubauen und ein Auto auf Hanfbasis zu bauen. Dieses Gesetz soll auf Treiben der amerikanischen Papier- und Ölindustrie sowie der Baumwollbauern entstanden sein. Auch Dupont, die ihre neue Nylonfaser am Markt etablieren wollten sollen auf solch ein Gesetz gedrängt haben. Der Hanfsteuer folgte schließlich ein Hanf-Anbauverbot, dass allerdings im 2. Weltkrieg kurzfristig und zum Wohle der Materialproduktion für die Marine ausgesetzt wurde.

Noch in den Vereinigten Staaten des 18. Jahrhunderts wurden Bauern bestraft, die sich weigerten, den vielseitigen Hanf anzubauen.

Die Hanf-Pfanzenfasern: vom nachhaltigen Dämmstoff bis High-Tech-Material

Etwa sieben Kilogramm enthält heute ein durchschnittlicher PKW an naturfaserverstärkten Duromeren, hier eine Tür mit einer Mischung aus Hanf und Flachs. Strenggenommen könnte eine ganze Karosserie aus dem nachhaltigen Rohstoff hergestellt werden. © Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)

Heute halten Naturfasern, so auch jene aus Hanf, wieder Einzug in die Automobilindustrie. Es können Karosserieteile aus Hanffasern ebenso produziert werden wie Armaturen, Innenverkleidungen oder Stoffe. Diese naturfaserverstärkten Kunststoffe (Duromere) testete beispielsweise der Frontmann der Fantastischen Vier, Smudo, in seinem Bio-Rennwagen. Die Karosserieteile dieses Fahrzeugs, das auch für Versuchszwecke dient sind bis zu 60 Prozent leichter, als entsprechende aus Stahl. Und je 100 Kilogramm reduziertes Gewicht können 0,5 Liter Sprit eingespart werden.

Für alle Produkte hatte Hanf einen großen Vorteil: Hanf könnte nahezu überall angebaut werden, ist genügsam und schnellwüchsig, die Fasern sind reißfest bei gleichzeitig geringem Gewicht.

Immer beliebter wird Hanf zudem in der Baubranche. Dies reicht von hocheffizienten, nachhaltigen Dämmstoffen für Dächer und Außenwände, die sowohl Kälte als auch Hitze abhalten, bis hin zu Steinen aus Hanf, die als nichttragende Innenwände hervorragende Schallschutzwerte aufweisen. Die Steine bestehen aus Lehm und Hanf und werden traditionell für die Füllung von Fachwerk genutzt. Der Vorteil von Hanf im Hausbau: Er kann, neben den guten Dämm- und Schallschutzwerten sowie seiner Atmungsaktivität, durch eine optimale Feuchtigkeitsregulierung glänzen.

Letztlich kann nahezu alles aus Hanf produziert werden was heute auf Basis von Erdöl wie auch Holzzellulose hergestellt wird.

Der gesunde Hanf

Hanf ist auch aus ernährungsphysiologischen Gesichtspunkten interessant. Schon immer wurden seine Samen geerntet und ergänzen das Lebensmittelspektrum, in der Antike war er ein Grundnahrungsmittel. Heute findet man zahlreiche Produkte aus Hanfmehl, werden Hanftees oder sogar Hanfschokolade hergestellt. Hanfsamen enthalten einen besonders hohen Anteil an Antioxidantien, Vitamin E und B-Vitamine. Besonders reich sind sie an Vitamin B2, damit eine gute Alternative zu Fleisch und Milchprodukten, sind reich an gesunden Omega-3-Fettsäuren und wertvoller Gamma-Linolensäure und enthalten alle essentiellen wie nicht-essentiellen Aminosäuren. Letzteres macht Hanföl auch für die Herstellung von Kosmetika interessant.

Das würzige Hanföl kann bei niederen Temperaturen auch erhitzt werden kann, vor allem aber kalt verleiht es so mancher Speise wie einem Salat den letzten, nussig-würzigen und vor allem gesunden Kick.

Und dann ist da noch die medizinische Wirkung. Diese hat allerdings dann doch nur der THC-haltige Hanf, der bei Depressionen genauso wirksam sein soll, wie bei chronischen Schmerzen oder Autoimmunkrankheiten wie Morbus Crohn.

Hanfanbau-owl.de, Der Spiegel, Hanffaser.de. Planet-Wissen.de, FNR.de, Text: Jürgen Rösemeier
Focus-Bild: © milkovasa - Fotolia.com